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Warum Fahrerflucht strafbar ist – und der Unfall selbst oft nicht

Viele Menschen sind überrascht, wenn sie erfahren, dass ein kleiner Rempler auf dem Parkplatz keine Straftat sein muss – das anschließende Wegfahren jedoch sehr wohl. Die Ursache dafür liegt tief im deutschen Strafrecht verankert und wird im Alltag häufig missverstanden.

Damit wird klar: Nicht der Unfall ist in vielen Fällen strafbar, sondern das Verhalten danach.

Der Unfall selbst: Häufig nur ein fahrlässiges Geschehen – und oft nicht strafbar

Ein Großteil aller Unfälle geschieht fahrlässig – also ohne Absicht. Ein Moment der Unachtsamkeit reicht aus:

  • beim Ausparken den anderen Stoßfänger touchiert,
  • beim Rangieren einen Poller übersehen,
  • ein Spiegel streift ein fremdes Fahrzeug.

Für die strafrechtliche Bewertung gilt ein zentraler Grundsatz:
Fahrlässiges Handeln ist nur strafbar, wenn das Gesetz es ausdrücklich vorsieht.

Und genau hier liegt der entscheidende Punkt:
Bei der Sachbeschädigung (§ 303 StGB) bestraft das Gesetz nur Vorsatz. Das bedeutet:

Eine fahrlässige Sachbeschädigung ist keine Straftat.

Wer also versehentlich ein anderes Auto beschädigt, begeht keine Straftat, solange kein Vorsatz besteht. Juristisch relevant wird der Vorfall meist nur zivilrechtlich – etwa durch Schadensersatzforderungen an die Haftpflichtversicherung.

Warum Fahrerflucht (unerlaubtes Entfernen vom Unfallort) dennoch strafbar ist

Ganz anders sieht es aus, sobald eine Person den Unfallort verlässt, ohne die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen. Dieses Verhalten ist in § 142 StGB ausdrücklich unter Strafe gestellt – und das aus gutem Grund.

Das Entfernen vom Unfallort ist immer eine bewusste Entscheidung.

Während der Unfall selbst nicht beabsichtigt war, ist das Wegfahren immer ein vorsätzliches Handeln. Man entscheidet sich aktiv dafür,

  • keine Daten zu hinterlassen,
  • dem Geschädigten die Schadensregulierung zu erschweren,
  • Versicherungen zu umgehen oder
  • die Feststellung des tatsächlichen Ablaufs zu verhindern.

Genau dieses vorsätzliche Verhalten macht die Fahrerflucht zur Straftat – unabhängig davon, wie klein der Schaden ist.

Würde das Verlassen des Unfallorts nicht strafbar sein, wären diese Rechte kaum durchsetzbar.

Warum viele Menschen nicht verstehen, dass Fahrerflucht strafbar ist

Gerade bei Bagatellschäden herrscht große Unsicherheit. Viele denken:

„Es war doch nur ein kleiner Kratzer – warum soll das eine Straftat sein?“

Das Missverständnis entsteht, weil man intuitiv davon ausgeht, dass die Strafbarkeit am Schaden hängt.
Tatsächlich orientiert sich die Strafbarkeit hier aber am Verhalten nach dem Unfall.
Der Gesetzgeber schützt damit die Interessen des Geschädigten:

  • Er soll seinen Schaden ersetzt bekommen können.
  • Er soll erfahren, wer verantwortlich ist.
  • Er soll nicht auf Reparaturkosten sitzen bleiben.

Wichtig: Keine Straftat, wenn der Unfall nicht bemerkt wurde

Ein weiterer Punkt führt häufig zu Verwirrung:
Was passiert, wenn jemand den Unfall wirklich nicht bemerkt hat?
Die Rechtsprechung ist hier klar:

Wer einen Unfall objektiv nicht wahrgenommen hat, kann keine Fahrerflucht begehen.

Denn der Vorsatz bezieht sich auf das bewusste Entfernen vom Unfallort. Wird der Anstoß weder gehört noch gespürt, fehlt dieser Vorsatz – und damit die strafrechtliche Grundlage.

Allerdings prüfen Gerichte streng, ob das „Nichtbemerken“ glaubhaft und realistisch ist. Gerade bei größeren Schäden wird es schwierig, dies überzeugend darzustellen.

Die Strafen bei Fahrerflucht

Je nach Schadenshöhe und Situation drohen:

  • Geldstrafe
  • 3 Punkte in Flensburg
  • Fahrverbot
  • In schweren Fällen: Entzug der Fahrerlaubnis
  • Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren (§ 142 StGB)

Bei hohen Sachschäden oder Verletzten verschärft sich die Situation zusätzlich.

Mein Rat als Anwalt

Ein Unfall ist in den meisten Fällen eine fahrlässige Handlung – und damit nicht strafbar.
Doch das anschließende Entfernen vom Unfallort erfolgt immer vorsätzlich und verhindert wichtige Feststellungen für den Geschädigten. Genau aus diesem Grund ist Fahrerflucht nach § 142 StGB eine eigenständige und ernstzunehmende Straftat.

Wer nach einem Unfall stehen bleibt, sich meldet oder die Polizei ruft, handelt also nicht nur korrekt – sondern schützt sich selbst vor erheblichen strafrechtlichen Konsequenzen.


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